IG Tunneltal und BI Ahrensburg gegen Gütertrasse ziehen eine gemischte Bilanz über die „Dialogveranstaltung S4 / Gütertrasse“.
Die Veranstaltung war von den Initiativen gefordert worden, da beide befürchteten, dass bisher Regionalpolitik und Bürger nur sehr unzureichend und einseitig über die Planungen zum Bau der S4 / Gütertrasse informiert wurden.
Gut 200 Interessierte folgten schließlich der Einladung zur „Dialogveranstaltung“ am 27. Oktober im Schulzentrum am Heimgarten und verfolgten die Veranstaltung in Präsenz. Gut 1.000 Aufrufe (Stand: 1.11.) verzeichnete der Onlinestream der weiterhin unter dem Link https://youtu.be/mQx9oTPO2SI nachgeschaut werden kann.
„Die gute Beteiligung an der Veranstaltung zeigt, dass die Anwohner sehr wohl ein großes Interesse an den Ausbauplänen zur S4 und Gütertrasse und den möglichen Folgen für unsere Stadt und das Tunneltal haben. Außerdem scheint sich unser Verdacht zu bestätigen, dass viele Anwohner den 2-gleisigen Streckenausbau der S4 bis Ahrensburg kritisch sehen, da er für Ahrensburg und den Kreis Stormarn keine Vorteile bringen wird.“ so Michael Kukulenz von der Bürgerinitiative Ahrensburg gegen Gütertrasse.
Trotz der Freude über die gute Bürgerbeteiligung, bemängeln beide Initiativen weiterhin die fehlende Transparenz und Dialogbereitschaft der Deutschen Bahn. So hatte die Deutsche Bahn bereits im Sommer die Stadtverwaltung Ahrensburg gebeten, dass die Bürgerinitiativen doch bitte zur Vorbereitung auf die Dialogveranstaltung einen Fragenkatalog ausarbeiten mögen. Unter Beteiligung vieler Anwohner wurden daraufhin 88 Fragen formuliert, die bereits Anfang August eingereicht wurden.
„Doch leider wurde so gut wie keine dieser Fragen von der Deutschen Bahn auf der Dialogveranstaltung aufgegriffen und beantwortet. Anstatt uns die Antworten auf unsere drängenden Fragen zu liefern, investierte man viel Zeit in die Präsentation vermeintlich innovativer und transparenter Lärmschutzwände. Ich sehe darin nur wenig Innovation, zumal es Graffitikünstlern relativ egal sein wird, ob sie blickdichte oder transparente Wände besprayen. Für die Stadt wird das nur die Reinigungskosten in die Höhe treiben. An der zerschneidenden Wirkung im Naturschutzgebiet und der optischen Verschandelung in Ahrensburgs Innenstadt wird das nichts ändern.“ so Kukulenz weiter.
Svenja Furken von der IG Tunneltal kritisierte, dass kein politischer Vertreter aus Hamburg auf dem Podium stand. Denn dann hätte er auf die unbequeme Frage der IG Tunneltal: „Kann es sein, dass die 2 neuen Gleise nur deshalb bis Ahrensburg gebaut werden, weil man auf Hamburger Stadtgebiet schlichtweg keinen Platz für die notwendige Abstellanlage der S4 findet?“ gleich persönlich antworten können.
Hintergrund Ihrer Vermutung: Der 2-gleisige Trassenausbau für die S4 endet direkt hinter Ahrensburg. Von dort führt dann ein weiteres Gleis nach Delingsdorf zur Abstellanlage, die ca. 1,3 Kilometer lang und mehrere Gleise breit werden soll und auf der nachts etwa 21 S4-Züge parken sollen. Ab Ahrensburg-Gartenholz wir die neue S4 dann auf die Bestandsstrecke eingefädelt und teilt sich Richtung Bad Oldesloe weiterhin die Gleise mit dem Fern- und Güterverkehr. Jede Einfädelung auf der Strecke birgt große Probleme für einen reibungslosen Verkehr.
„Überhaupt wurde viel zu wenig über die Alternativen für die Trasse gesprochen. Gute Redner wie Dr. Arnold Harmsen und Prof. Struwe, die Alternativen aufzeigen konnten, hatten nur wenige Minuten, um die sehr komplexen Sachverhalte darzulegen. Das finden wir extrem bedauerlich und das spiegelt auch nicht die eigentliche Absicht der Initiatoren dieser Veranstaltung, nämlich die Diskussion um mögliche Alternativen, wider!“ sind sich beide Initiativen einig.
Dabei hatte Dr. Harmsen es so schön auf den Punkt gebracht, indem er klar machte, dass die S4 für Ahrensburg und Schleswig-Holstein keinen Vorteil bringen wird. Die Fahrzeiten in die Innenstadt verlängern sich auf 30 Minuten ab Ahrensburg und der Fahrkomfort in der S-Bahn würde sich gegenüber den Regionalzügen verschlechtern. Dafür werde niemand sein Auto in der Garage stehen lassen.
Er plädiert daher für das „Hummeltenberg-Lichte-Konzept“, das den Ausbau der S4 nur bis Hamburg-Rahlstedt vorsieht. Der Nahverkehr auf der Schleswig-Holsteinischen Seite müsse demnach weiterhin über schnelle Expresszüge, die von Ahrensburg aus in ca. 15 Minuten die Innenstadt erreichen, bedient werden. Über einen kurzen Zwischenhalt in Rahlstedt bestehe dort eine Umsteigemöglichkeit in die S4.
Auch zum Güterverkehr gab es Alternativvorschläge. So prophezeite Professor Struwe von der Northern Business School, dass die S4 mit ihrer Einfädelung in Ahrensburg-Gartenholz zum Nadelöhr des internationalen Schienengüterverkehrs werden wird. Er forderte, dass die Schienengüterverkehre, die mit der Fertigstellung der Fehmarnbeltquerung erwartet werden, zwingend ab Lübeck auf weitere schon bestehende Alternativtrassen umverteilt werden müssen, um die jetzt schon überlastete Strecke Hamburg-Lübeck nicht zu überfordern.
IG Tunneltal und die BI Ahrensburg gegen Gütertrasse erwägen nun eine Folgeveranstaltung, auf der diese nur kurz angeklungenen Alternativen noch einmal intensiver beleuchtet werden und dann auch zu einem Dialog mit den Planungsfachleuten führen muss. Vielleicht schafft es bis dahin auch die Deutsche Bahn die 88 Fragen besorgter Anwohner vom August zu beantworten.