Wie das Tunneltal entstand

Text: Dr. Alf Grube, Geologe

Schleswig-Holstein blickt auf eine sehr lange und wechselhafte geologische Entwicklung zurück. Gebirgsbildungen gehören dazu ebenso wie Bedingungen in der Sahara, mehrfach war das Land auch vom Meer bedeckt.

Wir wollen uns hier auf das Eiszeitalter konzentrieren, da in diesem unsere Landschaft maßgeblich geprägt wurde. Das Eiszeitalter oder Quartär war bzw. ist durch den Wechsel von kälteren und wärmeren klimatischen Abschnitten gekennzeichnet.

Das Quartär begann ca. 2,6 Mio. Jahre vor heute. Die quartären Ablagerungen besitzen für Schleswig-Holstein und Hamburg, wie überhaupt für weite Bereiche Norddeutschlands, eine besondere Bedeutung, da diese Oberflächenbildend auftreten. Klassisch wird in Norddeutschland von drei großen Kaltzeiten ausgegangen – Elster, Saale und Weichsel. Diese lang andauernden Kaltzeiten waren durch verschiedene kürzere Vereisungsphasen geprägt: Zwei überregionale Vergletscherungen während der Elster-Kaltzeit, drei separate Vergletscherungen während des Saale-Komplexes („Saale-Kaltzeit“) und bis zu bis zu fünf Vorstößen in der Weichsel-Kaltzeit (115.000 bis 11.700 Jahre vor heute). Die Ausdehnung dieser Vereisungen war  unterschiedlich, die maximale Ausdehnung reichte bis an den Rhein und bis in die Niederlande hinein. Die Gletscher der Weichsel-Kaltzeit allerdings hatten eine geringe Ausdehnung als alle vorherigen, sie gelangten im Westen und Süden Schleswig-Holsteins ungefähr bis an eine gedachte Linie Flensburg – Schleswig – Rendsburg – Neumünster – Segeberg – Henstedt-Ulzburg – HH-Lemsahl-Mellingstedt – HH-Sasel – HH-Rahlstedt – HH-Barsbüttel – Grande – Schwarzenbek – Büchen.

Zur Zeit der Vereisungen wurden die Jungmoränenlandschaft des Östlichen Hügellandes geformt, die wechselnd stark gewellt ist und durch Geschiebeböden charakterisiert ist. Innerhalb dieser Landschaft sind einzelne Täler vorhanden. Ein großer Teil dieser Täler entstand subglazial, d.h. durch Abfluss von Schmelzwässern unter dem Gletschereis.

Das ca. 9 km lange, bisher gut erhaltene untersuchte Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal gehört zu den am besten untersuchten derartigen Bereichen. Wie kann man nun erkennen, dass das Tal unter dem Eis geformt wurde, und nicht davor? Um hier einen Nachweis müssen Bohrungen durchgeführt werden. Durch solche Untersuchungen durch Homci, F. Grube, Parek und andere ist der Untergrund bis in eine Tiefe von ca. 15 Meter detailliert erfasst worden. Bei einer Auswertung dieser Daten ergibt sich eine unregelmäßige Gefällskurve des Talbodens – der durch Geschiebelehme und -mergel gebildet wird – mit Übertiefungen von einigen Metern. Im Vergleich hierzu zeigen subaerische, d.h.unter freiem Himmel angelegte Täler im Norddeutschen Flachland eine gleichmäßig von der Quelle zur Mündung hin abfallende Sohle.

In den oben genannten Bohrungen können weiterhin kleinere Eisstauseen sowie Toteisbildungen erkannt werden. Eine verbreitete geomorphologische Form im Tunneltal sind Drumlins und drumlinoide Formen, unter aktiv fließendem Eis – vermutlich bei einer Kombination von Erosion und Akkumulation- angelegte Vollformen. Es treten auch Os-Strukturen auf, die durch Aufschüttung von Sanden und Kiesen in Tunneln unter dem Gletscher gebildet wurden. Im Tunneltalbereich kam es in Toteislöchern und anderen Hohlformen zur Sedimentation von fossilen See-Ablagerungen, die wiederum die Erhaltung der international bedeutsamen Rentierjägerfunde im Tunneltal ermöglichten.

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Grafik: Raab / Grube