Pflanzen und Vegetation in der Eiszeit

Was weiß man über die Vegetation und ihre Nutzung zur Zeit der Ahrensburger Rentierjäger?

Text: Michael Kukulenz, Dipl. Biologe

 

Foto: Michael Kukulenz

Die Zeit, aus der die Artefakte aus dem Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal stammen, umfasst einen Zeitraum von ca.14.700 – ca.11.600 Jahren vor heute. In diesen 3000 Jahren gab es kein einheitliches Klima und damit auch keinen einheitlichen Pflanzenbewuchs und keine einheitliche Tierwelt. Warm- und Kaltzeiten wechselten sich ab und es gibt Nachweise für mehrere Kulturen, die nacheinander hier lebten. Die Vegetation zur Zeit der Ahrensburger Kultur (12.800 – 11.600 Jahre vor heute) soll an dieser Stelle etwas genauer betrachtet werden.

Vor 22.000 Jahren lag Ahrensburg am Rande der Gletscherzone. Über die tatsächliche Dauer und speziell das Ende der Vereisung wird noch fachlich gestritten. Spätestens mit dem beginnenden Meiendorf-Interstadial (einer Wärmeschwankung vor ca. 14.700 Jahren vor heute) wurde es wärmer, die Gletscher schmolzen stark ab und die Landschaft wie auch die belebte Natur veränderte sich. Bis zur Rückkehr der stadialen Phase (Rückkehr zu kaltzeitlichen bzw. eiszeitlichen Bedingungen) um 12.800 Jahren vor heute waren diverse Bestände aus Birken und Kiefern unterschiedlicher Dichte entstanden, die den neuen kälteren Bedingungen zum Opfer fielen. Der Kälteeinbruch ließ erneut Permafrostböden entstehen. Die geringe Jahresmitteltemperatur (die mittlere Julitemperatur lag damals bei etwa 10 °C, während sie heute bei etwa 18 °C liegt) und die Auslaugung der Böden kontrollierten das Pflanzenwachstum erheblich und führten zu einer deutlich veränderten Zusammensetzung der Flora und damit auch der Fauna. Diese Zeit wird als jüngere Dryaszeit bezeichnet. Funde von Makroresten der Pflanzen (Früchte, Samen, verkohltes Holz) lassen ebenso auf die Vegetation schließen wie auch die Mikroreste (Pollen und Sporen). Da die Makroreste selten erhalten sind und man entsprechend auf Pollenanalysen angewiesen ist, lassen sich die Pflanzen oft nicht bis zur Art bestimmen, aber allein die Bestimmung der Pflanzenfamilie ist schon ein großartiger Befund.

Dryas octopetala            Foto: Michael Kukulenz

Es ist davon auszugehen, dass zur Zeit der Ahrensburger Rentierjäger Zwergsträucher eine landschaftsdominierende Rolle gespielt haben. Durch Makroreste gesichert sind Zwergbirke (Betula nana), Moorbirke (Betula pubescens), Schwarze Krähenbeere (Empetrum nigrum), Wacholder (Juniperus communis), Polarweide (Salix polaris), Kleiner Sauerampfer (Rumex acetosella) und natürlich der Namensgeber Weiße Silberwurz (Dryas octopetala).

 

Immer nur Winter?

 

Wie kalt war es während der Kaltphase / Eiszeit?

Bei »Eiszeit« denken die meisten Menschen an Dauerfrost, Eis und Schnee, so wie wir es von der heutigen Arktis und Antarktis kennen. Völlig falsch ist diese Vorstellung natürlich nicht, denn auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit, waren immerhin ca. 32% der Erdoberfläche mit Eis bedeckt, heute sind es nur noch ca. zehn Prozent.

Insgesamt lag die damalige Durchschnittstemperatur aber nur etwa 5 bis 6 Grad niedriger als heute! Die Menschen der Eiszeit konnten im Sommer durchaus auch mal ins Schwitzen kommen und sich bei sommerlichen 20 Grad in die Sonne legen.

 

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